Don Lorenzo Milani und die Militärpriester

Im Jahre 1965 bezeichneten italienische Militärseelsorger Kriegsdienstverweigerung als „Beschimpfung des Vaterlandes und seiner Gefallenen“ und als widerchristlich und forderten, es müsse endlich Schluss gemacht werden mit jeder „Diskriminierung der Soldaten aller Fronten und Uniformen, die sich sterbend für das heilige Ideal des Vaterlandes geopfert haben“. Gegen sie erhob sich die Stimme eines Landpfarrers, der zugleich Lehrer und Erzieher seiner Schüler war, mit denen er zusammen lebte und gesellschaftliche Ereignisse diskutierte.

Lorenzo Milani schrieb einen offenen Brief an die Militärtheologen (in Italien druckte ihn nur die  „Rinascita“ ganz ab), in dem es hieß: Wenn „ihr euch das Recht nehmt, die Welt in Italiener und Ausländer einzuteilen, so kann ich euch nur sagen, dass ich in dem von euch gebrauchten Sinne des Wortes kein Vaterland habe, sondern dass ich das Recht in Anspruch nehme, die Welt in Arme und Unterdrückt einerseits, Bevorrechtigte und Unterdrücker andererseits einzuteilen.

Die Ersteren sind mein Vaterland, die anderen meine Ausländer. Und wenn ihr ohne bischöflichen Einspruch lehren könnt, dass es rechtens, sogar heldenhaft sei, wenn sich Italiener und Ausländer gegenseitig niedermetzeln, so verlange ich das Recht, zu sagen, dass die Armen die Reichen bekämpfen dürfen und sollen. Zumindest in der Wahl der Kampfmittel bin ich besser als ihr: Die Waffen, die ihr gut heißt, sind entsetzliche Maschinen, hergestellt um zu morden, zu verstümmeln, zu zerstören und Waisen und Witwen zu schaffen. Die einzigen Waffen, die ich gelten lasse, sind edel und unblutig: der Streik und die Wahlen.“

In schlichten Worten scheint uns da der Inhalt des Christentums ausgesprochen, der heute für die Welt notwendiger denn je wäre: Solidarität mit den Leidenden und Unterdrückten; Kampf gegen Aggression und Krieg; Aufbau einer Gesellschaft, in der die Menschen über sich selbst bestimmen in Frieden und sozialer Gerechtigkeit.

Quelle / Literatur: Bamberg, Hans-Dieter: Militärseelsorge in der Bundeswehr, Schule der Anpassung und des Unfriedens, Pahl-Rugenstein-Verlag, 1. Auflage 1970, Seite 8f. Literatur:  Lorenzo Milani, Die Militärpfarrer und die Kriegsdienstverweigerer. Ein offener Brief und seine Verteidigung vor Gericht, in Stimme der Gemeinde. Heft 17/1966, Spalte 525ff, Zitat Spalte 256; ebenfalls abgedruckt in: Werkhefte, 22. Jahrgang 1968, Seite 279ff. Vergleiche dazu auch: Kritischer Katholizismus, Nr. 2/1970, Seite 8f. Der offene Brief Milanis brachte ihm wütende Kritik seiner Amtskirche und eine nach längerer Zeit wegen Geringfügigkeit für ihn positiv ausgegangenen Klage alter Frontkämpfer ein. Don Lorenzo starb 1967, 44jährig. Zu seiner radikalen Parteinahme für die Armen und Entrechteten und zu seiner Ganztagsschule in der Toskana, in der er Kinder zu einem kritischen und engagierten Leben erzog, vgl. Maria Fr. Rieger, Lorenzo Milani, in: Werkhefte, 22. Jahrgang 1968, Seite 276ff. 

Hier geht es zur italienischen Website gegen Militärseelsorge.